Juli 30, 2020 · Leonie Müller
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Bandhas - Die Energieschlösser des Körpers
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Wenn im Yoga von Bandhas gesprochen wird, dann sind Energieverschlüsse oder auch Muskelverschlüsse gemeint. Diese werden durch bewusste Anspannung gesetzt und haben sowohl eine anatomische als auch eine energetische Funktion. Aus anatomischer Sicht wird durch das Setzen der Bandhas mehr Stabilität im Körper erzeugt und die Muskeln, Bänder und Gelenke werden geschützt. Außerdem wird die Wirbelsäule stabilisiert und die Muskulatur an den Stellen der Bandhas gestärkt. Energetisch gesehen, wird Prana (die Lebensenergie) durch das Setzen der Bandhas im Körper gehalten, kann somit besser fließen und dann wieder freigesetzt werden. Die Bandhas sind essenziell, um die grundlegenden Positionen im Yoga länger zu halten und um Bewusstsein und Konzentration während der Yogapraxis zu fördern.
Im Yoga spricht man von 3 Hauptbandhas: Mula Bandha, Uddiyana Bandha und Jalandhara Bandha. Wenn alle diese drei Bandhas gleichzeitig gesetzt sind, etwa beim Atemhalten (Kumbhaka), so spricht man von Maha Bandha. Zwei weitere Bandhas, die auch sehr wichtig in der Yogapraxis sind heißen Pada Bandha, der Fußverschluss und Hasta Bandha, der Handverschluss. Im folgenden erkläre ich dir die einzelnen Bandhas, deren Funktion und die du sie anwendest nochmal genauer.
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Mula Bandha - der Wurzelverschluss
Mula bedeutet im Sanskrit "Wurzel". Durch das bewusste Anspannen der Beckenbodenmuskulatur wird das Wurzel Bandha gesetzt. Die Haltung stabilisiert sich und ein Hohlkreuz in der Asana wird vermieden. Dadurch wird die Lebensenergie Prana gehalten und nach oben gezogen. Durch das tägliche Setzen von Mula Bandha kann im Alter sogar Inkontinenz vermieden werden.
Du kannst Mula Bandha sowohl in der Asana Praxis als auch bei Pranayama Übungen anwenden.
So geht’s: Ziehe alle drei Beckenbodenschichten nacheinander nach oben, so dass die Beckenbodenmuskulatur anspringt. Dabei zieht das Steißbein nach unten und vorn, wodurch das Kreuzbein nach unten gezogen und der untere Rücken lang wird.
Auszug aus der Hatha Yoga Pradipika über Mula Bandha:
„Um Mula Bandha zu setzen, kontrahieren Sie die Muskulatur des Perineums, das ist der Bereich zwischen Anus und Genitalien. […] Mula Bandha erfordert intensive Praxis, um es zu meistern, aber es bringt sehr viele Vorzüge mit sich Es stellt einen direkten Kontakt zum Muladhara Chakra her. […] Mula Bandha kann auch während der Asanapraxis gesetzt werden, besonders in stehenden Stellungen, um der Stellung Stabilität zu geben und die Konzentration zu fördern.“ (Hari 2016, S.148)
Achtung: Schwangere sollten Mula Bandha nicht übermäßig praktizieren, da es die Beckenbodenmuskulatur zu unnachgiebig machen kann. Bei akuten Entzündungen im Becken oder Steissbeinverletzungen bitte ganz darauf verzichten.
Uddiyana Bandha - der Bauchverschluss
In der Asanapraxis kann Uddiyana (bedeutet auf Sanskrit „fliegen“) die Energie im Körper stark nach oben fließen lassen und stabilisiert den mittleren und unteren Rücken. Außerdem dient dieses Bandha der Stressreduktion, der Reduktion von Verspannungen im Bauchbereich und es hilft bei Verdauungsstörungen.
Du kannst Uddiyana Bandha sowohl in der Asana Praxis als auch bei Pranayama Übungen anwenden.
So geht’s: Nach der Ausatmung ziehst du deinen Bauch nach innen und den Bauchnabel nach oben. Dein Zwerchfell wird somit zum Brustkorb nach oben gezogen und die Bauchorgane zur Wirbelsäule. Deine schräge und quere Bauchmuskulatur wird hierbei aktiviert.
Auszug aus der Hatha Yoga Pradipika über Uddiyana Bandha:
Um Uddiyana Bandha zu setzen, ziehen Sie die Bauchdecke hinauf und in Richtung Wirbelsäule. Das zwingt Prana hinauf in Sushumna Nadi. (Hari 2016, S.149)
Achtung: Bei entzündlichen Prozessen im Rumpfbereich, bei Asthma, bei Bluthochdruck, nach Operationen und Brüchen im Bauchraum sowie in der Schwangerschaft nicht praktizieren. Am besten praktizierst du Uddiyana Bandha auf leeren Magen.
Jalandhara Bandha - der Kinnverschluss
Durch Jalandhara Bandha wird der Energiefluss zwischen Herz und Gehirn reguliert und es öffnet, dehnt und kräftigt die Halswirbelsäule. Hierbei wird eine Verbindung zwischen Körper, Herz und Bewusstsein hergestellt. Diese Übung ist eine der effektivsten, um die Schilddrüse zu aktivieren und zu harmonisieren.
Jalandhara Bandha sollte nur während Pranayama Übungen angewandt werden.
So geht’s: Schiebe dein Kinn nach vorne, so dass deine Nackenwirbel lang werden. Dann ziehe das Kinn zurück in die Vertiefung zwischen den Schlüsselbeinen. Rolle optional noch zusätzlich die Zunge nach hinten und drücke mit der Zungenspitze gegen den weichen Teil des Gaumens. Entspanne dabei deine Gesichtsmuskeln und Schultern.
Auszug aus der Hatha Yoga Pradipika über Jalandhara Bandha:
„Um Jalandhara Bandha zu setzen, drücken Sie die Zunge Anden Gaumen und das Kinn fest in Richtung Brust, während Sie den Atem nach der Einatmung halten. Starren Sie mit geschlossenen Augen auf den Punkt zwischen den Augenbrauen. Das hindert Prana daran, aus dem Oberkörper zu entkommen.“ (Hari 2016, S.148)
Achtung: Bei einer vorliegenden Überfunktion der Schilddrüse sollte immer eine Absprache mit einem Arzt erfolgen. Bei Herz-Kreislauf-Problemen, Atemwegserkrankungen, erhöhtem Druck im Kopf, Schwangerschaft und bei extrem verspanntem Nacken oder Schultern sollte auf Jalandhara Bandha verzichtet werden.
Maha Bandha - das Zusammenführen der Bandhas
Wenn Mula Bandha, Uddiyana Bandha und Jalandhara Bandha gleichzeitig gesetzt werden, dann nennt man das Maha Bandha.
Pada Bandha - der Fußverschluss
Ein falscher Stand auf der Yogamatte kann schnell zu erheblichen Problemen in den Knien und im Becken führen. Aus diesem Grund ist Pada Bandha unerlässlich für die Gesundheit der ganzen Körperstatik. Es führt zu einem sicheren, stabilen Stand in Balance- und Stehhaltungen der Yogapraxis.
So geht’s: Platziere deine Füße hüftbreit nebeneinander auf dem Boden und spüre in die Auflagefläche, bis du einen stabilen Stand hast. Hebe deine Fußzehen an und lege dann den Ballen des großen Zehs und des kleinen Zehs wieder ab. Der Vorfuß dreht leicht nach innen und liegt auf dem Boden. Hebe nun deine Mittelfußknochen an, um dein Quergewölbe aufzubauen. Verankere dein Fersenbein im Boden und drehe die Ferse leicht nach außen. Es entsteht mehr Raum unter der Fußsohle. Du stehst stabil im Dreipunktstand.
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Hasta Bandha - der Handverschluss
Auch die Hände und Handgelenke werden beim Yoga stark beansprucht. Um Verletzungen zu vermeiden, ist es essenziell die Hände richtig zu platzieren, um das Gewicht des Körpers gleichmäßig verteilen zu können.
So geht’s: Lege beide Hände flach auf dem Boden auf. Deine Finger sind leicht gespreizt, während Mittel- und Zeigefinger nach vorne zeigen. Gib nun Kraft in Daumen, Mittelfinger und kleinen Finger, wodurch du die Mittelhandknochen nach oben ziehst. Dein Handballen ist mit leichtem Druck auf der Matte.
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Mit regelmäßiger Übung wird das Setzen der Bandhas immer leichter und du wirst schnell die Vorteile der Bandhas bemerken. Probiere es gerne in deiner nächsten Yogapraxis mal aus und spüre den Unterschied! :-)
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Namasté!
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